3. FASTENSONNTAG

8. März 2015

Lesungen: Ex 20,1-3.7-8.12-17 / Joh 2,13-25

Gedanken zu den Lesungen:

Wo ist Gott?“, oder: „Wo können wir ihn finden?“, oder noch einmal anders: „Was muss ich machen, dass ich Gott erfahren kann?“

Jahrhunderte lang hat man sich mit der Frage beschäftigt: „Wer ist Gott?“ Man versuchte Aussagen über das tiefste Wesen Gottes zu machen und man machte die Erfahrung: Es ist unmöglich das Wesen Gottes mit Worten zu erfassen. Dann konzentrierte man sich mehr auf die Frage: „Wie ist Gott? Wie steht er zu uns? Wie ein strenger Richter?“ Und in unserer Zeit wird immer mehr die Frage brennender: „Wo ist Gott? Wo kann ich ihn finden? Wo kommt denn Gott in unserer Welt überhaupt noch vor? Wo gibt er sich zu erkennen?“ Wenn ich Gottes Anwesenheit in meinem Leben nie spüre, wer ist er dann noch für mich? Was heißt dann an ihn glauben? Kein Glaube ohne Erfahrung!

Für das Volk, die Menschen der Bibel, war Gott derjenige, der in ihr Leben immer wieder eingegriffen hat: Er hat sie aus Ägypten befreit, er hat ihnen während ihrer mühsamen Wanderung durch die Wüste zu essen und zu trinken gegeben. Aber er gab ihnen auch Weisungen. Orientierungen, Verhaltensweisen, die die Gemeinschaft mit Gott ebenso ermöglichen wie das Zusammenleben der Menschen untereinander. Das wurde dann in den uns allen bekannten Zehn Geboten formuliert. Das Zusammenleben mit Gott und miteinander wird entscheidend gefährdet, wenn die Grenzen, die diese Weisungen ziehen wollen, überschritten werden.

Später, als dieses Volk wieder sesshaft geworden war, hat es seinem Gott ein Haus gebaut, einen Tempel. Der Tempel zu Jerusalem wurde zum zentralen Heiligtum: Hier wohnt Gott mitten unter seinem Volk. Die Menschen möchten Gott nahe sein, sie möchten ihn ehren, ihm dienen, so wie es sich für einen frommen Juden gehört. Der Tempel ist der dichteste Ort der Gegenwart Gottes unter seinem Volk. Hier kann man ihm begegnen.

Aber da ist etwas schief gelaufen. Und hier setzt die Kritik von Jesus an. Das Bewusstsein der Gegenwart Gottes geriet in den Hintergrund, wurde verdrängt durch Nebensächlichkeiten. Das Haus Gottes wurde zu einer Markthalle, in der man sich mit vielem beschäftigte, außer mit Gott selbst. „Das Haus meines Vaters soll ein Haus des Gebetes sein“, sagt Jesus.

Hat man nicht oft das Gefühl, dass das auch heute gilt für unsere Kirchengebäude, für die Häuser Gottes? Soll unsere Kirche nicht der „dichte Ort der Anwesenheit Gottes unter uns sein“? Sind wir uns dessen noch bewusst? Und verhalten wir uns auch danach? Wenn wir am Sonntag in die Kirche kommen, stellen wir uns dann darauf ein, dass wir hier Gott begegnen wollen? Lassen wir es deswegen still werden in uns, fangen wir unser Gespräch mit Gott schon an, das dann in einer gemeinsamen Eucharistiefeier fortgesetzt und so zu einem Höhepunkt der Gottesbegegnung werden kann? Ist unser Verhalten und unsere innere Einstellung darauf abgestimmt? Oder wird das Wesentliche (Gottes Anwesenheit) durch Nebensächlichkeiten und Unterhaltungen, die man genauso gut anschließend an die Feier machen kann, verdrängt. Geht es unter? Ja, verschwindet dieses Bewusstsein der Anwesenheit Gottes unter uns? Früher durfte man in der Kirche kein Wort sagen und nicht nach links oder rechts schauen. Das war sicher übertrieben. Aber übertreiben wir jetzt nicht in die andere Richtung?

Aber es geht nicht nur um den Kirchenraum. Jesus macht da einen spektakulären Anspruch: Er nennt sich selbst den Tempel Gottes, d.h. den Ort, in dem wir Gott erfahren können. In und durch Jesus sucht Gott mit uns Kontakt, will er unter uns sein. Und deswegen, in diesem Bewusstsein, feiern wir Christen im Haus Gottes das Mahl von Jesus. So wird auch wahr, was Gott zu Mose gesagt hat: „Ich bin der Ich-bin-da für euch“. Diese Erfahrung machen zu können ist wesentlich für unseren christlichen Glauben.

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